Kopfsache: Jenny Brockmann

"Der scheue Raum"

Haus am Lützowplatz

Jenny Brockmann verwirft die physikalische Ordnung zwischen Mensch und Raum mit technisch raffinierten Raumskulpturen, die Lewis Carrolls berühmten Kinderbuch “Alice im Wunderland” entstiegen sein könnten.

LN: Im Zentrum der Ausstellung steht der innen hell erleuchtete „Scheue Raum“, ein zu allen Seiten geöffneter Kubus, dessen Türen sich bei der Annäherung eines Betrachters graduell verschließen, wie die Blätter einer Venusfalle. Was passiert im Kopf des Besuchers wenn ein Raum vor seinen Augen quasi eigenmächtig vom zugänglichen in den geschlossenen Zustand wechselt?

JB: Venusfalle ist interessant, weil diese Pflanze eigentlich zuklappt, wenn sie ein Insekt fängt und der Raum im Gegensatz dazu sich vor „etwas“ verschließt. Andererseits ist etwas in dem Raum enthalten, was anziehend wirkt. Das Verborgene weckt Sehnsüchte und der Raum hält gewissermaßen auch etwas gefangen.

LN: Wie wichtig ist Dir die Interaktion mit dem Publikum?

JB: Ohne Personen, die den Raum erfahren oder eben nicht erfahren, existiert der Raum nicht in seiner eigentlichen Bestimmung, er bleibt offen. Ein spannender Moment ist, wenn mehrere Menschen den Raum umgeben. Die müssen sich nämlich absprechen, damit sie einen Blick in das Innere des Kubus erhaschen können.

LN: In der Installation „Rhythmus der Zelle“ werden Gitterstäbe mittels Druckluft in Atembewegung versetzt und imitieren den menschlichen Brustkorb. Welche geistigen Bezüge stecken hinter den von Dir hervorgerufenen Analogien zwischen Mensch und Raum?

JB: Die „Zelle“ ist Mikrokosmos und Makrokosmos zugleich: einerseits ist es die Beklemmung im Inneren eines Menschen andererseits die Einschränkung von Außen. Ich versuche dem innersten Raum die offenste nur mögliche Form zu geben. Nur natürlich also, dass mich Arbeiten von Michel Foucault oder Filme von Stanley Kubrik faszinieren.

Jenny Brockmann, “Scheuer Raum”, Studiogalerie, Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, Berlin Tiergarten, Di-So 11-18Uhr, bis 30. Januar

Das Interview führte Laila Niklaus (TIP, veröffentlicht: 22.06.2011)

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