Ansichten: Horst Ademeit

Horst Ademeit

Wundersamer Außenseiter – Horst Ademeit

Secret Universe Reihe – Hamburger Bahnhof

„Nur noch ein Frage der Zeit, wann ich sie auf frischer Tat ertappen lassen werde!“ Mit dem sinnigen Ausspruch des Künstlers Horst Ademeit, auf ein Stückchen Pappe geschrieben, startet im Hamburger Bahnhof die ungewöhnliche Ausstellungsreihe „Secret Universe“.

Die Kuratorinnen der Ausstellungsserie Claudia Dichter und Susanne Zander wollen einen mehrjährigen Diskurs anregen, mit Kunstpositionen die innerhalb des etablierten Kunstbetriebs als „Outsider Art“ bezeichnet werden.

Die „Outsider“-Kunst oder „Art Brut“, wie sie in Frankreich genannt wird, erfährt auf dem Kunstmarkt große Beachtung, stellt sie doch die wichtige Frage nach der Grundmotivation jeglicher Kunst.

Den Auftakt zu der monografischen Reihe macht Horst Ademeit. Geboren 1937 in Köln, studierte Ademeit nach einer Anstreicherlehre unter anderem 1970 kurz bei Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie. Tauchte dann aber als Künstler unter. Seine extensiven Werkgruppen wurden erst zwei Jahre vor seinem Tod entdeckt und erstmalig ausgestellt.

Horst Ademeit, Tagesbilder

Ademeit widmete Rund 20 Jahre lang (1989-2007) der akribischen, sowohl künstlerischen als auch dokumentarischen, Bestandsaufnahme über das Vorhandensein von Kältestrahlen und anderen unsichtbaren Strahlungen. Kältestrahlen gibt es physikalisch nicht -vielmehr handelt es sich um das Fehlen von Wärmestrahlung.

Mit seiner Polaroidkamera knipste Ademeit seit den 1980er Jahren jeden Tag ein ähnliches Bild. Insgesamt entstehen 6006 nummerierte Tagesfotos.

Auf seinem Küchentisch arrangierte Ademeit, wie ein Kartograf der sein Leben täglich neu vermisst, die aktuelle Tageszeitung, Lebensmittel und Messgeräte wie Geigerzähler, Kompass und Thermometer. Auf den Bildrändern skribbelte der Künstler nur mit der Lupe entzifferbare Messwerte, Uhrzeiten, persönliche Notizen und Nachrichtenmeldungen.

Horst Ademeit, Meßgeräte

Neben den Tagesfotos füllte Admeit Kalendarien und führte ein chronologisches Tagebuch aus Observationsbildern, bei denen er seine unmittelbare Umgebung aufnahm. In den komplexen Bezugssystemen tauchen unterschiedlichste Motive auf: Selbstbeobachtungen seines Körpers, Türgucker, Ansammlungen von Sperrmüll oder baufällige Häuser.

Aus kunsttheoretischer Sicht durchschreiten Ademeits ausufernde Werkgruppen Kunstrichtungen von der Streetphotography bis zur Konzeptkunst. Vermutlich lebte Ademeit aber das Schicksal eines wundersamen Außenseiters. Die Schau im Hamburger Bahnhof ehrt den Künstler posthum mit seiner ersten Museumsausstellung.

Man darf gespannt sein auf weitere Positionen der „Secret Universe“- Reihe, die mit ihrer Eigenwilligkeit und starken bildnerischen Kraft vielleicht festgefahrene kunstkritische Diskurse aufknacken.

„Secret Universe“, Horst Ademeit, Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart; Invalidenstraße 50-51, Mitte; Di-Fr 10-18 Uhr, Sa 11-20 Uhr, So 11-18 Uhr; bis 25. September

Laila Niklaus (TIP Heft 15/2011)

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