Ansichten: Markus Wirthmann

Äolik in der Streusandbüchse, Wirthmann

Äolik in der Streusandbüchse

Kunstkammer im Georg-Kolbe-Museum No.13—Markus Wirthmann

Manche Ausstellungen wirken stärker in einem intimeren Rahmen. Gerade acht Quadratmeter misst die Kunstkammer im Georg-Kolbe-Museum in Westend.

In diesem kleinen aber feinen Projektraum stellt sich Ausstellungsleiter Marc Wellmann seit 2009 der Herausforderung aktuelle bildhauerische Einzelpositionen zu zeigen, die den Skulpturbegriff in seiner Vielfalt behandeln.

Kunstkammerkandidat Nummer 13 ist Markus Wirthmann. Der 1963 in Aschaffenburg geborene Künstler entwickelte an den Kunstuniversitäten in Braunschweig und Berlin ein ausgeprägtes Interesse für naturwissenschaftliche Vorgänge, die er seither versucht in Bildhauerei zu übersetzen.

Unbildbare Materialien wie Luft, Licht und Wasser haben es dem Künstler angetan. Um diese flüchtigen Stoffe einzufangen baut Wirthmann teils hochkomplizierte Systeme.

Aus einer Presse und einem Kompressor etwa bastelte Wirthmann 1995 eine pneumatische Wellenmaschine. In einem beinahe dreizehn Meter langem Wasserbecken in einer Londoner Galerie erzeugte die Installation eine Welle, die durch den Raum rollte und verebbte, von neuem begann, verebbte. Eine einzelne Woge, die als gefangen zur Schau gestellt wurde.

Auch in seinem aktuellen Projekt ist das Ausgangsmaterial schwer zu bändigen: Sand.

Namibischer Wüstensand

In die Zwischenböden zweier windschiefer, mehrstöckiger Baumarktregale bohrte Wirthmann Löcher, durch die einige hundert Kilo Quarzsand aus vier Behältnissen unablässig herab rieseln und von Etage zu Etage faszinierende Miniatur-Wüstenlandschaften bilden. Zwei Ventilatoren verblasen die Staubkörner dazu, so dass es unter den Sohlen der Besucher knirscht.

Der Titel „Äolik in der Streusandbüchse“ bezieht sich auf das unendlich feine Zusammenspiel zwischen Wind und Sandkörnern, wie ihn der Künstler während eines Aufenthalts in der Namib-Wüste 2001 beobachtete.

Feinsinnig spielt Wirthmann aber auch auf ein Stück preußische Geschichte an. Schließlich war die „Streusandbüchse“ Friedrich des Großen ein mit Sand gefülltes Utensil zum Trocknen der Tinte und zugleich ein parodistisch gemeintes Bonmot zur Beschreibung des unfruchtbaren märkischen Bodens.

 

Kunstkammer No. 13—Markus Wirthmann, „Äolik in der Streusandbüchse“, bis 05. Februar 2012, Georg-Kolbe-Museum, Sensburger Allee 25, Di-So 10-18 Uhr

 

Laila Niklaus (erschienen im TIP, 22.11.2011)

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